Kaum in Elternzeit und schon wieder an die Arbeit denken?

Hallo an alle!

Ich bin seit einiger Zeit auf Urbia unterwegs und lese oft, dass sich Frauen "beklagen", dass ihnen so extrem langweilig ist in der Elternzeit. Habe auch eine Bekannte, die in der Elternzeit gefühlt nichts zu tun hat und nur noch so schnell wie möglich arbeiten gehen will. (Jetzt nicht falsch verstehen: Ich weiß, dass es Mütter gibt die arbeiten gehen MÜSSEN, weil das Geld einfach sonst nicht reichen würde. Ich rede jetzt nur von den Frauen, die so versessen aufs arbeiten sind, dass sie die Elternzeit als Zumutung empfinden.)

Ich bin aktuell in Elternzeit und empfinde es als sehr schön. Es gibt natürlich auch sehr anstrengende Tage und Wochen, aber im großen und ganzen finde ich es toll. Lesen, raus gehen, in die Stadt gehen oder einfach nur mal eine Serie angucken ist doch auch schön - vorausgesetzt das Kind macht mit.

Ich finde, dass wir als Gesellschaft so extrem auf Leistung getrimmt werden. Sobald jemand eine Zeit lang nicht einer Tätigkeit nachgeht die Geld abwirft, fühlt er oder sie sich wertlos. Ein kleines Kind "am Leben zu halten" ist doch schon eine riesige Aufgabe.

Oft wird auch gesagt, dass die Frau ja nicht vom Mann abhängig sein möchte: Natürlich bin ich von meinem Mann abhängig, weil ich von meinem Elterngeld nicht mal die Miete zahlen könnte. Aber wenn man heiratet (oder mit der Person zusammen ist), ist man fast automatisch abhängig - auch wenn es nur emotional ist. Für mich ist das okay.

Ich sage immer: Nach der Elternzeit habe ich noch ca. 35 Jahre Arbeit vor mir, da kann ich die 24 Monate auch daheim bleiben.

So langsam kenne ich ein paar Antworten hier und will klar stellen: Ich habe nichts gegen Frauen, die nach der Geburt ihres Kindes schnell wieder arbeiten gehen. Jeder soll das für sich entscheiden. Ich finde nur, dass wir uns als Gesellschaft keinen Gefallen tun, wenn wir unseren Wert nur aus der Arbeit ziehen und die Menschen verlernen auch mal ganz langweilig daheim zu sein und sich mit "einfachen" Dingen beschäftigen. Simple life sozusagen 😊

Was haltet ihr davon?

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"Lesen, raus gehen, in die Stadt gehen oder einfach nur mal eine Serie angucken ist doch auch schön"

So hätte ich die Elternzeit auch schön gefunden. 😅

"vorausgesetzt das Kind macht mit."

Da ist der Haken an der Sache. 😉

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Wieso kann man mit Kind keine Serie gucken? Entschuldige ich habe selbst noch kein Kind, daher die Frage, interessehalber. Eine Freundin von mir hat ein 9 Monate altes Kind und schaut jeden Tag ihre Serie 😅 Kind ist halt dabei, krabbelt rum, es wird nebenbei gespielt und gekuschelt. Sie kann der Serien trotzdem folgen und beim Spielen gleichzeitig gucken. Warum soll das so schwer sein? Der Fernseher kann doch einfach nebenher laufen.

Es ist natürlich keine Serie die brutale Szenen enthält etc.

Bearbeitet von Sagtmireuremeinung
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Ist irgendwie halt nicht Sinn der Sache, dass der Staat Geld dafür ausgibt, dass Mütter sich um ihr Kind kümmern, diese die Zeit aber zum Fernsehgucken nutzen.

Ich sprech hier nicht von 30 Minuten am Tag, aber die Zeit, Fernsehen zu gucken plus Buch lesen plus Kaffeetrinken in der Stadt hatte ich tatsächlich nicht 🤷

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Ich bin super gerne in EZ und mir graut es schon davor, in einem Jahr wieder arbeiten gehen zu müssen.

Ich möchte nicht ewig nur zu Hause bleiben, aber wenn ich mir es aussuchen könnte, würde ich das Kind erst mit 3 in die Kita schicken und nicht schon mit 1,5.

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Ich finde solche Beiträge immer etwas ... schwierig... Einerseits will man ja sooooo tolerant sein, andererseits werden solche Threads eröffnet (egal in welche Richtung). Warum gehst du davon aus, dass Menschen die arbeiten nur das als Wert ansehen? Ich empfinde meine Arbeit eher als Hobby, welches auch noch gut bezahlt wird. Mein Mann fand seine Arbeit nur als Gelderwerb, daher ist er zu Hause geblieben...*Ironie on* und im Übrigen sind andere Menschen der Meinung, dass man in Elternzeit mehr und härter arbeitet als jedweder andere Mensch, ich weiß gar nicht wann du zum lesen, shoppen, Kaffeetrinken kommst *Ironie off*

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Stimme hier zu.

EZ im ersten Jahr ist ja ein 24/7 Pflegejob mit Routinearbeiten, wo man fremdbestimmt ist.

Ich mag meine Arbeit, wo Menschen pünktlich zum Termin erscheinen und die Aufgaben vielfältig sind. Fällt mir persönlich auch viel leichter.

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Die Frauen die du meinst vermissen oft die intellektuelle Stimuli und Erwachsenengespräche die sich nicht um Windeln und Co drehen in der EZ.

Das ist legitim, und nun könnte man in der EZ sicher zum Vergnügen auch Kant lesen, aber für die meisten wird es naheliegender sein das im Beruf, der Ihnen beides bietet und auch noch bezahlt auszuleben.



Dazu kommt dann noch die ganze Thematik "Ernäher-Hausfrauenmodell" und zu jeder Mutter die 24 Monate zuhause ist gehört in der Regel ein Vater der diese 24 Monate überwiegend Vollzeit arbeitet. Und da frage ich mich immer wieder warum dieses Recht auf besondere Zeit mit dem Kind nur für einen Elternteil gelten soll. Darum ist für mich das paritätische Modell einfach die fairere Lösung für alle Beteiligten auf allen Ebenen.

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Und da sind wir wieder bei dem Punkt : sollte es nicht jede Familie selbst entscheiden dürfen,welchen Modell zu Ihnen passt ?
Das liest sich so vorwurfsvoll...als wenn das "alte model" nicht mehr erwünscht wäre

Mein Mann und ich leben bewusst das alte Prinzip,weil es uns so gefällt 🤷

Was ist da immer so schlimm dran ?

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Mein Problem damit ist tatsächlich das es gesellschaftlich so tradiert ist, dass es allgemeine Ansichten zu Elternschaft so stark beeinflusst, dass ich glaube viele Familien in dieses Konstrukt eher reinrutschen statt sich bewusst mit allen Nachteilen & Vorteilen dafür zu entscheiden.



Was aber natürlich nicht bedeutet, dass man es nicht als System für sich als Familie auch bewusst leben kann. Nur wenn ich oben lese "warum man sich nicht mal die Zeit für 24 Monate EZ nimmt" und ganz automatisch damit Mütter impliziert, dann drängt sich mir eben die Frage auf warum keine 5% der Väter dies wählen, aber wenn weniger als 5% der Frauen weniger als 1 Jahr EZ nehmen dann soll es ein Problem sein. Und so gerundet sind die Zahlen die ich im Gedächtnis habe.

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Kann es sein, dass dein Baby noch sehr jung ist? Meins ist jetzt 9 Monate alt, an lesen oder Serien gucken tagsüber brauche ich nicht denken. Raus gehen ja, entweder mit dem Kinderwagen oder auf der Wiese ihr hinterher krabbeln und dafür sorgen, dass Gras nicht zum Hauptnahrungsmittel wird. In die Stadt gehen geht für nötige Einläufe, bei guter Laune des Babys auch mehr, aber so richtig geil findet sie ewig langes herumsitzen im Wagen dann auch nicht, krabbeln und die Welt entdecken macht dann doch mehr Spaß.

Ich gehe bald wieder arbeiten und gebe zu, dass ich mich drauf freue. Mir fehlt eine kognitive Betätigung. Abwechslung. Ich finde es wunderschön, mein Kind beim aufwachsen zu begleiten, aber es ist eben doch jeden Tag das gleiche und besteht sehr viel aus beobachten und daneben sein, wenn sie ihre Welt entdeckt.

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Liebe TE,

meine beiden Elternzeiten sind schon 18 Jahre und länger her. Muss dazu sagen, damals bekam ich für unseren Großen 4 Monate lang Elterngeld. Das war eine Einmalzahlung von 2400 DM damals. Und für den Jüngsten bekam ich garnichts.
Ich war beim Großen 14 Monate und beim Jüngsten 2,5 Jahre (grausige Elternzeit) komplett zu Hause.Dann ging ich wieder arbeiten. Ich hatte bei den beiden 3 Jahre lang Elternzeit, wo ich auch arbeitete. Damals gab es erst einen Rechtsanpruch auf einen Kindergartenplatz ab den 3.Lebensjahr

Beim Großen ging ich wieder arbeiten, weil mir echt zu langweilig war. Ich kannte keinen im Dorf. Und meine Freundin wohnt auch weiter weg. Ein Auto hatte ich selten zu Verfügung, da wir nur eins hatten. Krabbelgruppe gab es zwar auch, aber gut da ging man halt hin und quatschte auch mit denen. Mir fehlten meine Arbeitskollegen. Ich tat es um wieder unter Menschen zu kommen.

Beim Jüngsten konnte ich nicht so früh anfangen. Mein Großer ging damals zur Schule und brauchte viel Hilfe. Dazu ein recht aggressives Kleinkind, was auch noch stark entwicklungsverzögert war. Mein Großer ging zur Ergotherapie, hatte Schwimmkurs und ging zum Kinderturnen Mit dem großen saß ich manchmal bis zu 1,5 Stunden an den Hausaufgaben und das in der 1. Klasse, was für seine Mitschüler bis auf einige Ausnahmen Standard war. Viel Zeit hatte ich nicht. In Lichtgeschwindigkeit erledigte ich unseren Haushalt, manchmal half mein Mann, wenn er nicht arbeiten musste. Und die Krabbelgruppe, da waren viele der Meinung, dass es nachmittags für ihre Kinder besser war. Ich ging dann noch mit ein paar anderen Müttern aus dieser Gruppe, die auch Kinder in der Schule hatten, weil es nicht machbar war. Und da war auch noch meine Mutter, wo es langsam anfing, wo sie Hilfe von uns brauchte. Als unser Jüngster einen Platz mit 2,5 Jahren bei der Tagesmutter hatte, ging ich in der Elternzeit wieder ein paar Stunden arbeiten und ab dem 3. Lebensjahr hatte er einen 10-Stundenplatz als Integrationskind im Regelkindergarten (den wir aber selten komplett ausnutzen, der ging von 06:30 bis 16:30, meistens brauchte ich eher den Frühdienst ab 06:30), wo mein Mann uns halt abwechselten mit Bringen und Abholen. Früher abholen tat mein Mann, wenn er Früh- oder Nachschicht hatte. Da war unser Jüngster spätestens um 15 Uhr zu Hause. Und da war ich auch wieder froh zu arbeiten. Mir waren 2,5 Jahre definitiv zu lange. Ging aber nicht anders. Parallel dazu hatte mein Großer 2x die Woche eine Nachmittagsbetreuung in der Schule mit Mittagessen.

Ich nichts dagegen, wenn Frauen wieder frühzeitig an zu arbeiten. Und wer länger zu Hause bleiben möchte, dann kann er es gerne machen. Muss ja jeder selber wissen.

LG Hinzwife

Bearbeitet von hinzwife5
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Ich verstehe das auch manchmal nicht was so schlimm ist 1-2 Jahre nur mit seinem Baby / Kleinkind Zeit zu verbringen . Ja ist anstrengend und es gibt öde Tage für die Kinder find ich das traurig . Eine Freundin von mir hat ein Jahr Elternzeit zu Hause kaum ausgehalten und wollte unbedingt wieder arbeiten gehen . Kind in die Kita , Hund , den braucht man natürlich auch noch wenn man wenig zu Hause sein will, in eine Hundebetreuung , Putzfee , Babysitter noch zusätzlich für die Me Time.

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Ich wäre gern mit meinem Sohn länger zu Hause geblieben und finanziell wäre das gar kein Problem gewesen. Jetzt kommt das ABER: Wo was los ist/ war und viele Menschen sind, fühlt er sich am Wohlsten. Ich habe viel mit ihm gemacht, aber ab 1,5 Jahren hat er nur gequengelt, weil es ihm mit mir allein zu langweilig war. 🤣 Kaum war er in der Kita im offenen Konzept mit 25 Kindern in der Gruppe ist er förmlich aufgeblüht. Ich habe als Pädagogin die Krise bekommen. Heute ist er 12 und wo was los ist und viele Menschen sind… 🙈Sein Vater ist ganz genau so. Was möchte ich dir damit sagen? : Es gibt nicht nur schwarz und weiß, sondern ganz viel dazwischen.

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Ich habs bei der Rückkehr an den Schreibtisch sehr genossen, wieder das Hirn zu benutzen, Erwachsenen-Gespräche zu führen, eine Mahlzeit in der Kantine in Ruhe und warm zu essen, nicht in jedem Satz unterbrochen und nicht angeschrien zu werden und an den Haaren gerissen zu bekommen. Ich mag meine Arbeit, sie erfüllt mich - anders als das Kind es kann - dafür muss man nicht karrieregeil sein. Und ich habe keine Chill-Kinder. Ich fand und find es anstrengend mit den zwei Duracell-Häschen, v.a. 18m+.

Defacto habe ich beim ersten gar nicht ausgesetzt. Bei mir lief beim ersten beides parallel. Teils kam meine Kollegin zu mir heim und wir haben uns Dinge zusammen angeschaut und dann einen Teller Nudeln gegessen. Oder telefoniert wenn er geschlafen hat. Es ging inhaltlich nicht anders, ich bin die einzige die das kann was damals anstand. Beim zweiten war ich 6m wirklich draussen. War ok, aber ich war dann auch wirklich froh als es wieder los ging. Ich habe aber auch das Glück dass ich sehr flexibel und fliessend mit anfangs wenig Stunden einsteigen konnte… so konnte ich letztlich immer ausbalancieren damit ich alles gut unter einen Hut bekomme. Nicht weil wir es müssen. Oder weil das Kind mich viecht. Aber ich bin mehr als nur Mutter. Mir tat es immer gut.

Erfahrung im Freundeskreis: die die beim ersten noch dogmatisch geätzt haben, dass andere ihre Kinder früher abgeben (die eigenen waren bei der Schwiegermutter) haben das zweite dann unterjährig in die Kita gegeben, „Sondertilgung“ am Haus…
Lasst doch andere Familien machen wie es für sie passt… man muss nicht alles (be)werten.

Bearbeitet von Butterfee