Narzisstischer, schwerkranker Vater ist ein wandelndes Pulverfass

Moin Zusammen!

Ich (m, 28) bin eigentlich nicht wirklich der Typ, der sich üblicherweise über seine familiären Probleme auslassen würde. Ich bin eigentlich das Ventil unserer Familie, sobald es zu Streit und Ärger kommt. Allerdings suche ich wohl gerade selbst nach einem Ventil, in das ich meine Gedanken und Erfahrungen zur folgender Thematik anonym präsentieren kann und ich würde mich deshalb darüber freuen, wenn Ihr mir ein paar Ratschläge dazu geben könntet.

Ich versuche, das Folgende möglichst kurz und einfach zu halten, auch wenn das Ausmaß der Situation wahrscheinlich in keine 20 Therapie-Sitzungen passen würde und die realen Fassetten des Problems wohl erheblich umfassender sind, als ich sie aus meinem eigenen, naiven und subjektiven Blickwinkel wahrnehmen könnte.

Das übergeordnete und im Mittelpunkt stehende Problem des Ganzen ist (wie sollte es auch anders sein): mein Vater.

Mein Vater ist ein Narzisst. Der Begriff "Narzisst" wird heutzutage meiner Meinung nach mittlerweile an jeder Stelle einer selbstzentrierten Tat viel zu voreilig eingesetzt, weshalb ich wirklich lange und gut darüber nachgedacht habe, ob ich meinen eigenen Vater dieser Kategorie zuordnen würde. Allerdings wurde ich mir im Laufe der letzten Jahre immer sicherer, dass mein alter Herr manipulative, stark selbstverherrlichende und zum Vorteil seiner eigenen Bedürfnisse entsprechenden, psychischen Stilmittel nutzt, um seinen Willen durchzusetzen. Dabei spielt er andere Bedürfnisse, Gefühle und Emotionen stets runter, benutzt rhetorische Tricks wie den "Roten Hering" oder Strohmann-Argumente, um bei Kritik von sich abzulenken und sich mithilfe seiner Opferrolle gezielt einer Konter-Kritik an seinem Gegenüber zuwenden zu können. So konnte er beispielsweise auch seinem Psychologen davon überzeugen, dass die Familie Rücksicht auf Ihn und seine Bedürfnisse neben sollte und er nichts an sich verändern muss, weil er ja so viel für uns getan hat.

Und damit zerstört er im Alter von 70 Jahren gerade seine eigene Familie - meine Mutter, mein Bruder und ich wenden uns immer weiter von ihm ab, weil wir merken, dass er uns manipuliert und uneinsichtig bezüglich seiner Fehler und Kritik ist und im Gegenzug keinen Moment auslässt, um uns mit seinen harschen Worten ohne Zurückhaltung zu verletzen während wir Ihn mit Samt-Handschuhen anfassen müssen, damit er nicht gleich wieder explodiert.

Doch ich empfinde die blosse Beschreibung der jetzigen Situation etwas zu kurz gegriffen, um sich ein klares Bild über meinen Vater machen zu können. Aus diesem Grund versuche ich kurz unsere familiäre Gesamtsituation zu beschreiben:

Meine Familie besteht aus meinen Eltern, die seit 32 Jahren verheiratet sind, sowie meinem großen Bruder (30) und mir. Mein Vater hatte, bevor er meine Mutter kennengelernt hatte bereits einiges hinter sich:
- 2 vorherige Ehen mit 2 weiteren Kindern (zu der er keinen Kontakt mehr hat)
- 2 Brüder und eine Schwester (mit denen er bis zu deren Tod stark verstritten war und keinen Kontakt mehr hatte)
- Er war jahrelanger Alkoholiker bis er wenige Jahre vor dem Kennenlernen meiner Mutter aufgehört hat
- Außerdem war er bereits einige Jahre vor dem Kennenlernen meiner Mutter im Rollstuhl gesessen, weil er durch eine Rückenverletzung nicht mehr gehen konnte.

Nichtsdestotrotz wäre es gelogen zu sagen, dass er mir und meinem Bruder kein guter Vater gewesen ist. Wir haben viel unternommen, er hat viele Traditionen innerhalb der Familie etabliert, wir hatten viel Spaß gemeinsam und nebenbei hat er hart gearbeitet um uns ein besseres Leben zu ermöglichen bis er irgendwann als Betriebsrat und Bereichsleiter eines großen Unternehmens genug Geld zusammen hatte, damit er ein großes Haus bauen konnte - eine Villa. Diese rhetorischen Stilmittel die er auch jetzt noch gegen uns nutzt, waren dort sein täglich Brot.

Doch eine Sache war mein Vater zu jeder Zeit: sehr streng und sehr hart mit seinen Worten. Mein Vater war nie der, mit dem man rumblödeln und über sich selbst lachen konnte - jede Form von "Necken" hat er hierbei stets sofort persönlich genommen und hat anschließend fort sehr ernst ausgeteilt.
Mein Vater ist jedoch ein rhetorisches Genie. Er kann seine Worte so gezielt einsetzen, dass du hinterher das Gefühl hattest, als wärst du das eigentliche Problem und er hat dir nur aufgezeigt, dass es so ist wie es ist. Dabei wandeln seine Meinungen und Einstellungen stets so, dass es gerade in die aktuelle Situation passt - wenn du das jedoch ansprichst und seine autorität untergräbst, rastet er aus.

Mir (als Computernerd) hat er so über die Jahre und Jahrzehnte vermittelt, dass ich keine Freunde habe und nur am PC sitze, sobald ich mehr am PC gesessen bin, als Zeit beim ihm zu verbringen. Wenn ich hingegen viel Zeit mit Freunde verbracht habe, sagte er wiederrum: Ich verbringe nur Zeit mit meinen Freunden, bin nie da und habe nie Zeit für die Familie. So oder so empfand er mich als "Egomane". Das Schlimmste was er dabei je zu mir gesagt hatte war im Affekt: "So Weicheier wie dich hab ich früher zum Frühstück gefressen." - Wenn du dabei gesagt hast, dass er gerade deine Gefühle verletzt hat, dann würde daraufhin die Antwort: "Deine Gefühle sind dein Problem, er lässt sich von mir nicht den Mund verbieten." resultieren.

Zu dieser Zeit war Kritik an ihm völlig unmöglich. Er war rhetorisch schneller und gewiefter als du, konnte dich stets mit seiner lauten Stimme und aggressiven Gestikulation durch das Zeigen seines Zeigefinger auf dich einschüchtern (er definierte es immer stolz als "den Speer", mit dem er seine Feinde in der Diskussion erstechen kann) und aufgrund sämtlicher emotionaler und finanzieller Abhängigkeiten, war es ohnehin unmöglich, sich von seinem Verhalten zu distanzieren. Man hat es über sich ergehen lassen, hat geweint und nach 1-2 Tagen war alles wieder gut, während man innerlich weiter emotional abgestumpft ist.

Jetzt allerdings hat sich einiges gewandelt.

Mein Vater ist 70 Jahre alt, Rentner und muss ca. 32 Tabletten am Tag schlucken - COPD, Restless Legs, Depressionen, Blutdruck, Schmerzen (Opium oder Fentanyl), Nieren, Diabetes und und und. Zähl etwas auf, mein Vater hat es. Mein Weg zum Erwachsenwerden war stets geprägt von Sorgen um meinen Vater, wenn er mal wieder im Krankenhaus lag, einen stillen Herzinfarkt hatte, Autounfälle aufgrund der Nebenwirkungen seiner Medikamente hatte und und und.

Nun als Rentner weiß er jedoch ohne seine verantwortungsvolle Tätigkeit kaum noch etwas mit sich anzufangen. Er langweilt sich von morgens bis abends, kann nicht mehr Auto fahren und hat kaum mehr Freunde, weil viele es mit seiner schwierigen, hasserfüllten Art nicht mehr mit ihm aushalten.
Und wer kann es ihnen verübeln: mein Vater ist ein wandelndes Pulverfass. Er hat nie gelernt sich selbst zu reflektieren oder mit seinen Emotionen umzugehen. Jegliche Gedanken im Kopf ballert er sofort raus, ganz egal ob sie sein Gegenüber verletzen oder nicht - denn "damit müssen die klar kommen, nicht er". Körperlich angegangen ist er uns hierbei jedoch Gottseidank nie.

Genau darum haben wir uns auch immer weiter von ihm distanziert. Während mein Bruder mit seiner Freundin zusammenlebt und ihn nur alle 1-2 Wochen sieht, muss ich Ihn und seine Launen, aufgrund eines Job- und Wohnungswechsels gerade jeden Tag aushalten. Meine Mutter tut mir hierbei zur Zeit besonders leid. Aufgrund der Gesundheitseinschränkungen meines Dads hat meine Mutter mit Ihren 56 Jahren mittlerweile die gesamte Verantwortung der Familiensituation übernommen.
- Sie kümmert sich stets um alle Gesundheitsbelange meines Dads
- Sie kümmert sich um die finanziellen Nöte, weshalb sie zur Zeit Mo-Sa arbeitet
- Sie kümmert sich um den Haushalt, weil mein Vater es (aufgrund seines Stolzes) nicht schafft sich selbst was zu essen zu machen
- und und und.

Und trotzdem muss sie sich (und wir) uns immer wieder von ihm anhören: "Ich hab das ganze Leben lang für euch gearbeitet, jetzt könnt ihr auch mal was für mich tun." Wenn wir ihn dann darauf hinweisen, dass meine Mutter auch schon immer für die Familie gekämpft hat antwortet er: "Ja wie denn? Was hast du bitte gemacht?".

Solche Verletzungen treiben meine Mutter mittlerweile so weit, dass sie sich schon überlegt, ob sie es noch dauerhaft mit ihm aushalten kann. Kurz und knapp: Er ist im Alter zu einem wahren Ekelpaket geworden, das nur noch schwer zu ertragen ist.
Darüber hinaus nutzt er seine Krankheit dafür aus, seine Faulheit zu rechtfertigen, weshalb er eben nicht die kleinen Dinge des Alltags tun kann, die seiner Frau und uns das Leben etwas vereinfachen würden. Jedoch ist es auch andererseits nur schwer für uns vorstellbar, wieviel von seiner aktuellen Art wohl noch er ist, und wieviel eventuell aus den Nebenwirkungen der Medikamente resultiert. Denn eins ist klar: Er ist nicht nur dieser hasserfüllte alte Kerl. Genauso schnell wie er wütend wird, genauso schnell weint er in den vergangenen Wochen immer wieder, sobald ihm etwas schönes passiert.

Und hier stehe ich jetzt gerade. Nach einem weiteren Streit gerade eben, welcher mit "Futonbetten" für meine neue Wohnung angefangen hat, worauf er meine Vorliebe und Wertschätzung für den japanischen Lebensstil als "Unterstützung der größten Verbrecher der Welt" bezeichnet hat, frage ich mich ein weiteres Mal, ob mir die Beziehung zu meinem Vater noch gut tut, oder ob ich im Zuge der neuen Wohnung und des Jobwechsels auch hier einen Schlussstrich in Bezug auf die Beziehung zu meinem Vater ziehen sollte.

Emotional bin ich in dieser Hinsicht mittlerweile soweit abgestumpft, dass es mich nur noch wenig stören würde, wenn ich keinen Kontakt mehr zu ihm hätte. Das Einzige was mich zur Zeit noch an ihn bindet ist meine Mutter. Ihr müsst verstehen, dass meine Mutter die Güte in Person ist. Das Letzte was ich wollen würde ist, sie mit ihm und in der Verantwortung ihm gegenüber komplett alleine zu lassen.

Letztendlich ist es wohl mehr als angebracht, dass ich in den laufenden Jahren eine Psychotherapie aufsuche, um das Zusammenleben mit meinem Vater zu verarbeiten.
Allein die Tatsache, dass ich mit 28 aufgrund von Bindungsängsten und meinem stark ausgeprägten Freiheitssinn und dem Bedürfnis von nichts abhängig sein zu müssen, noch nie eine langfristige (länger als 3 Monate) Beziehung eingegangen bin, lässt sich vermutlich nicht zuletzt auf das Zusammenleben mit ihm zurückführen.

Nichtsdestotrotz geht es mir um das hier und jetzt.

Ich suche und sehne mich nach Gleichgesinnten, die mein Problem kennen und ihre Erfahrungen mit mir teilen können.
Mich würde interessieren, wie ihr mit diesen Situationen umgegangen seid und ob es wohl einen Weg gibt eine dermaßen polarisierende Person zu ändern, oder ob zur Wahrung der persönlichen Wertschätzung und des Selbstschutzes ein Kontaktabbruch oder -reduzierung die einzige Möglichkeit bleibt, um mit der Thematik abschließen zu können selbst wenn das bedeutet, dass ich meine Mutter mit ihm alleine lasse.

Vielen Dank für alle, die sich die Mühe machen, diesen Roman bis hierhin zu lesen.
Für Antworten bin ich darüber hinaus sehr dankbar.

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Hey!

Und hängst ziemlich tief drin.
Mein Vater ist ähnlich, wobei er nie verbale Spitzen verteilte, sondern uns immer körperlich angriff. Er hat ständig versucht, uns kleinzuhalten, aber wir haben recht schnell gemerkt, dass er nur heiße Luft abgibt und bei ihm leider nicht viel hintersteckt.
Meine Mutter hat sich jedoch unterbuttern und völlig abhängig machen lassen. Obwohl sie vermutlich sehr schlau ist.

Tja. Der Schlüssel waren unsere Mütter. Sie hätten sich trennen müssen- haben sie aber nicht. Sie haben mitbekommen, wie wir behandelt wurden und haben es durch Nichtstun unterstützt. Ich muss ehrlich sagen, dass sich mein Mitgefühl da in Grenzen hält. Gerade rief Mutter wieder an, Vater habe heute über 1h gebraucht, um in mehreren Bäckereien das Frühstück zu holen. Mutter wies ihn darauf hin, dass es zu lange dauerte und er einfach alles in einer Bäckerei holen solle. Da hat er dann eine Brötchentüte auf den Frühstückstisch in ihren Kaffeebecher geschleudert.
Tja, was soll ich sagen? So war er im Grunde schon immer. Ihr Kennenlernen war schon eine Girlande roter Flaggen 🚩🚩🚩.

Schau hin, wer die Verantwortung trägt. Deine Mutter hat ihren Teil. Es ist schade, dass er so ist. Hör auf, seine Anerkennung zu erhoffen. Zieh dich zurück und zeig dein Bett Leuten, die dich wertschätzen.

Liebe Grüße
Schoko

1

Das, was du da an Verhaltensweisen beschreibst, kenne ich nur zu gut von meiner Mutter. Ich nehm schon mal vorweg: Wir haben seit inzwischen meine ich 6 Jahren keinen Kontakt mehr und mir ging es in meinem Leben niemals besser als ohne sie.

So viel nur dazu.

Daher wäre auch mein Rat, den Kontakt abzubrechen oder auf ein für dich erträgliches Minimun runterzudampfen - aber da ist ja noch deine Mutter. Ich nehme an, die beiden leben zusammen.
Ist es denn realistisch zu bewerkstelligen, den Kontakt zu kappen, zu deiner Mutter aber aufrechtzuerhalten? Da denke ich vorrangig an Feiertage, Geburtstage etc...

Wenn es nicht möglich ist, den Kontakt komplett zu kappen, würde ich bei jedem Aufeinandertreffen sachlich die Situationen beenden.
Benenne klar, was Pahse ist "Papa, das ist DEINE Wahrnehmung, die kein anderer teilt. Und beleidigen lasse ich mich nicht mehr. Ich gehe dann mal."

Wenn er dann weiter bitterböse Spitzen wirft, dies genau so kommentieren "Und genau deswegen, weil du so böse und fies bist, gehe ich. Ich werde ab jetzt immer gehen, wenn du deine Anfälle bekommst."



Ich sags gleich dazu, das wäre MEINE Taktik. Andere teilen die vielleicht überhaupt nicht. :D

2

Vielen Dank für deine Antwort!

Den Kontakt aufrecht zu erhalten wäre absolut möglich, aber darum geht es mir ehrlich gesagt weniger. Es geht viel mehr darum, dass meine Mutter auch im Alltag mit ihm und seiner Gesundheit überfordert ist. Ich weiss wie gut es meiner Mutter tut, wenn wir um sie rum sind, weil sie eine von grundauf lebenslustige und tolle Person ist. Mein Vater zieht sie in der Hinsicht komplett runter - wenn ich den Kontakt allgemein auf Feiertage, Geburtstage usw. reduzieren würde, dann würde mir das an irgendeiner Stelle das Herz brechen denn eins steht fest: Sie ist zu gutmütig, als dass sie meinen Vater mit seinen Krankheiten alleine lassen könnte - da würde er wohl keine 2 Wochen überleben.

Das mit dem "Gehen" ist grundsätzlich eine gute Lösung finde ich - habe ich auch schon diverse Male gemacht :). Die dortige Reaktion ist: "Du läufst immer davon. Wenn du bei deinen Jobs genauso vor Problemen und Diskussionen davon läufst, wirst du mal richtige Probleme im Leben bekommen."

Funfact: Während ich das schreibe kommt meine Mutter gerade in das Zimmer und sagt mir, dass mein Vater wieder ins Krankenhaus muss, weil sich zu viel Wasser in seinen Beinen abgelagert hat. Und wieder wird aus einem Streit seine Opferrolle (wenn natürlich auch verständlich) und ich muss mich selbst hinterfragen, ob ich jetzt mitfahre ins Krankenhaus, oder aber (was ich eigentlich wollen würde) hart bleibe und meiner Mutter sage, dass ich nicht mit ins Krankenhaus fahre.

5

Ich hoffe mal, du fährst nicht mit. Lass dich nicht emotional erpressen.

Deine Mutter ist erwachsen, sie muss und kann für sich selbst einstehen. Sie hätte sich schon viel eher trennen sollen ... schon alleine für euch. Stattdessen hat sie sich tyrannisieren lassen und lässt es noch - und euch mit.

Sag ihr, dass du den Kontakt zum Vater abbrichst - du aber weiter zu ihr Kontakt halten willst. Wenn sie überfordert ist, muss sie für sich Abhilfe schaffen, das ist nicht deine Aufgabe.

Lebe du dein Leben, am Besten mit Leuten, die dir gut tun.


Meint

Ulli

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4

Hast du mal mit deiner Mutter über deine Gedanken gesprochen?

Es gibt verschiedene Hilfsmöglichkeiten für deinen Vater. Z.b. Pflege über Pflegegrad, Hilfe im Haushalt, gesetzliche Betreuung. Deine Mutter muss nicht bleiben aber sie kann sich dafür einschneiden. Ich würde das alles mal in Ruhe mit ihr besprechen.

LG m.

7

Vielen Dank für deine Antwort!

Selbstverständlich habe ich mit meiner Mutter darüber geredet! Meine Mutter steht in dieser Hinsicht voll und ganz hinter mir. Sie weiss wie es sich anfühlt und ist an irgendeiner Stelle auch glücklich, dass ich da bin und mitbekomme, wie er ist - weil sie sonst wohl irgendwann verrückt werden und glauben würde, dass es an ihr liegt.
Mit meiner Mutter kann ich in der Hinsicht komplett offen sprechen.

Allerdings tut sie sich in ihrer Situation glaub ich sehr schwer damit loszulassen. Meine Mutter kommt trotz ihrer Herzensgüte aus einer Familie, in der sie auch ihr ganzes Leben lang um die Liebe ihrer Eltern kämpfen musste. Ich glaube, dass sie sich deshalb sehr schwer damit tut, eine Person loszulassen, die sie mal geliebt hat.

Das mit dem Pflegegrad ist so ne Sache. Obwohl mein Vater 32 Tabletten am Tag schluckt und allen möglichen Kram hat (zb. benötigt er auch ein Atemgerät zum schlafen), orientieren sich Pflegegrade an der persönlichen Einschränkung der Selbstbestimmung. Solange mein Vater sich noch selbst waschen, selbst aufs Klo gehen, von alleine (wenn auch bald mit Rollator oder Rollstuhl) gehen und selbst anziehen kann, wird er voraussichtlich keinen Pflegegrad bekommen, auch wenn unsere Wohnung bald schon einer ganzen Apotheke gleicht - traurig, aber wahr.

Aus diesem Grund hatte ihn auch sein Arzt beim Thema "Pflegegrad" nur müde angelächelt, weil dieser auch meinte, dass er "solange er seinen eigenen Kaffee kochen kann, keinen Pflegegrad braucht".

8

Also beantragt den Pflegegrad einfach mal. Meine Oma hat Grad 3 und kann auch noch recht viel. Ich hatte nicht mit so einem hohen Grad gerechnet als wir das beantragt haben. Wenn ihr nichts beantragt bekommt ihr genau das- nämlich nichts.

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6

Hallo Whitebeard,

Deine familiäre Situation schilderst du sehr anschaulich und es klingt sehr ungesund.

Ich kenne ähnlich schädliche Verhaltensweisen meines Vaters und ich habe lernen müssen ,dass ich nicht für meine Eltern verantwortlich bin.

Ich bin Ihnen nichts schuldig.

Ich entscheide in welchem Umfang ich meinen Vater sehen möchte und in welchem Rahmen ich Hilfe anbiete..

Ich habe mich lange gefragt, warum meine Mutter sich nicht trennt.
Sie hatte anscheinend ihre Gründe, das ist ihr gutes Recht, trotzdem hätte sie uns Kinder schützen müssen und das hätte deine auch tun sollen.
Meine Mutter war kein Opfer genau wie deine Mutter kein Opfer ist.

Sie haben eine Wahl.

Du hast auch eine Wahl.

Eine innere klare Haltung deinen Eltern gegenüber schafft oftmals schon eine Veränderung.

Ich wünsche dir Ruhe und Kraft deinen Weg zu gehen.

10

1. Schadensbegrenzung, ungleich Lösung: Halt die Klappe. Smalltalk. Wenn er nicht weiss dass du dir ein Futon kaufst kann er sich nicht echauffieren. Keine Angriffsfläche mehr bieten
Zudem: raus da. Asap. Und wenn du aufm Boden schläfst am Anfang. (Man verzeihe mir den komischen Humor). 😉

2. You do you. Was tut dir gut? Reduzier ihn oder gar kein Kontakt. Dann ist es so. du bist nicht verantwortlich. Nicht für seine Krankheiten. Nicht für die Behandlung. Nicht dafür dass er alle vergrault hat.

3. Du bist auch nicht für deine Mama verantwortlich. Sie entscheidet sich jeden Morgen dafür einen weiteren Tag seine Partnerin zu sein und ihn gewähren zu lassen.
Andersrum, für mich als Aussenstehende ist sie keinen deut besser als dein alter Herr. Hat sie euch vor ihm und seinen Attacken geschützt? Öhm dir Stirn geboten? Euch ausm Schussfeld gebracht? Ihren Job als Mama gemacht... Nicht so wirklich.
Wenn sie weiter entscheidet "bis dass der Tod..." Kann sie das für sich. Du kannst darfst und solltest wohl auch anders entscheiden.

Bitte google Co-Abhängigkeit.

12

Gleich vorweg, ich hab auch seit 20 Jahren keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern und diesen Schritt nie bereut. Mir gehts besser ohne als mit Kontakt.
Nun zu deinem Vater. Sicherlich fragt man sich, weil es doch immer heißt "Blut ist dicker als Wasser" ob man den Kontakt halten soll. Man soll es nicht zu sehr an sich ranlassen man soll dies und man soll jenes. Oder das Totschlagargument schlechthin: Du hast irgendwann keinen Vater mehr....

Na ja wenns danach ging hattest du fast nie einen Vater auch wenn er mit euch einiges unternommen hat war man doch schon als Kind immer unter Spannung da man manches nie sagen durfte. Eine, wie ich finde, eher angespannte Situation.
Ein Vergnügen sind anders aus. Und ganz ehrlich, er hat sich doch schon immer so verhalten wie er es stellenweise jetzt tut. Eklig zu den Leuten, aggro und so weiter.... Da muss man sich nicht wundern wenn man keine Freunde mehr hat.
Und auch wenn er aus Stolz heraus sich nicht mal selbst was zu essen macht, spielt deine Mutter dieses Spiel ja auch mit. Von einem Mann mit 70 kann man durchaus erwarten das er sich ein Brot schmiert, ehrlich sind wir hier im Kindergarten? Diese Faulheit hätte ich nie unterstützt und er tut es weiterhin. Da er prinzipiell dazu also in der Lage ist würde er nicht verhungern. Klingt jetzt vielleicht hart aber alles muss man sich nicht bieten lassen.
Wenn deine Mutter sich trennen wollen würde und das ernsthaft, kann ich sie absolut verstehen wenn ich ehrlich bin. Dann muss er eben sehen wie er zurecht kommt. Er hat jahrelang euer Leben bestimmt, euch runtergemacht, euch schlecht geredet sich in den Mittelpunkt gestellt wie wenn er Gott wäre. Ihr habt auch noch ein eignes Leben!

Ela

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Kurzum: dein Vater ist ein egoistisches selbstgefälliges Arschloch, behandelt seine Familie wie den letzten Dreck und wird sich niemals ändern.
Ich finde mit seinem Verhalten, hat er es sich verwirkt noch Teil eurer Familie zu sein, da helfen auch ein paar Tränchen nicht weiter.
Mit so einer ekelhaften Person würde ich kein Wort mehr wechseln. Wer sich verhält wie ein Arsch, wird auch so behandelt. Keine Ahnung, warum deine Mutter und ihr anderen Familienmitglieder diesen Scheiss schon so lange mitmacht.
Ich hätte keine Worte mehr für den, nur noch eine Geste: ein ausgestreckter Mittelfinger und Abgang. Soll er doch gucken, wie er klar kommt, wäre mir scheissegal.

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Vielen herzlichen Dank für all eure Antworten, Tipps und Erfahrungen - sie helfen mir, eine neue Sichtweise bezüglich der Situation zu gewinnen und die ganze Thematik etwas neutraler betrachten zu können.

Jetzt gibt es jedoch eine weitere Neuerung bezüglich der gesamten Situation und ich hoffe, ihr könnt mir auch hier euren Input geben:

Nach unserem letzten Streit (der Futonbetten-Streit) musste er (wie ich in einer Antwort bereits beschrieben habe) wieder ins Krankenhaus, da seine Beine aufgrund seiner schwerbeschädigten Nieren, Wasserablagerungen enthalten.

Aus diesem Grund ruht der Streit gerade weil ich mir vorgenommen habe, nun den Kontakt mit ihm stark zu reduzieren. Er hatte meine Mutter mal angerufen und dann mit mir sprechen wollen, wobei er eine halbgare Entschuldigung brachte mit ganz viel Vorwürfen mir gegenüber - deshalb habe ich während dieses Telefonats kaum 5 Worte gesprochen. Dort teilte er auch mit, dass er mit seinen Ärzten im Krankenhaus geredet hatte, ob er eine Psychotherapie bräuche - die meinten dabei laut ihm, dass dies "nicht notwendig sei und sich eher negativ auf ihn auswirken könnte." - Klassiker, wieder ein paar Außenstehende die keinerlei Input besitzen von dir überzeugt, du Manipulationskönig. Jetzt gibt es hierzu jedoch ein großes Problem: Weihnachten.

Weihnachten ist in unserer Familie schon immer eine sehr große Sache gewesen - der Tag, an dem die ganze Familie zusammenkommt.

Jetzt ist es allerdings so, dass er nach dem Krankenhaus-Aufenthalt sofort in die Reha kommen wird. Dort war eigentlich geplant, dass er an Weihnachten freigestellt wird und nach Hause kommen kann. Jetzt hatte er jedoch heute meine Mutter angerufen und ihr mitgeteilt, dass er nicht nach Hause kommen wird, weil er mein Verhalten nicht akzeptiert und keine Lust auf dauerhaftes Anschweigen hat (ein weiterer Beweis dafür, dass seine "Entschuldigung" keinerlei Inhalt und Reue beinhaltet hatte, sondern lediglich ne Strategie war). Darüber hinaus meinte er, dass er von meiner Familie schon erwartet hatte, dass sie zu ihm stehen und gewünscht hätte, dass sie gesagt hätten er solle "ohne wenn und aber zu Weihnachten nach Hause kommen".

Geil. Nun haben wir zwei Probleme:
1. Macht er mich dafür verantwortlich und zum "schwarzen Schaf" wenn er an Weihnachten nicht zuhause ist und
2. Nutzt er meine Mutter und meinen Bruder, damit die jetzt versuchen sollen mich davon zu überzeugen, dass er "an Weihnachten nach Hause darf." weil er die Erwartungshaltung hat, dass sie sich für ihn einsetzen.

Wie zur Hölle sollte ich nun in dieser Situation weiter verfahren?
Ich kann ihm nicht verzeihen - ich will nicht mit ihm reden, geschweigedenn "gute Miene zum bösen Spiel" machen und sagen "Ja Papa, komm nach Hause es tut mir alles so leid." - das erwartet er jedoch von mir.

Andererseits macht mein Vater mich direkt dafür verantwortlich, wenn er an Weihnachten nicht zuhause ist - netter Schachzug du alter Narzisst.

Vielen Dank für euren Hilfe!

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Hallo Whitebeard,

ich habe deine Posts still mitgelesen und finde du bist ein sehr reflektierter junger Mann.

Die Situation mit deinem Vater ist echt nicht leicht, weil Narzissten leider nur allzu gut wissen, wie sie einen psychisch unter Druck setzen können bzw Abhängigkeiten ausnutzen.

Mir scheint nur, du bist dir sehr vieler Dynamiken bewusst, aber schaffst es (noch nicht) ganz demnach zu handeln.

M.E. hast du zwei Möglichkeiten für Weihnachten:

1. Entweder gute Mine zum Bösen Spiel machen
Oder 2. das Toben von deinem Vater auszuhalten, wenn du ihm eine Grenze
aufzeigst, um dich selbst zu schützen.
Denn darum geht es dir ja eigentlich: DICH und DEINE Emotionen in den Vordergrund zu stellen und nicht dem Terror deines Vaters nachzugeben.
Das wäre dein gutes Recht und auch an der Zeit...

Wünsche dir viel Standhaftigkeit und einen gesunden (!) Egoismus 💪

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Vielen Dank für die schnelle Antwort und die lieben Worte! :)

Dazu muss man sagen, dass ich mir sicher bin, dass ich auch alles andere als perfekt bin und natürlich mach auch ich Fehler - die Situation wird aktuell natürlich auch nur sehr einseitig von mir dargestellt. Trotzdem glaube ich, dass ich die Situation objektiv genug betrachten kann, um zu erkennen, dass seine Verhaltensweisen mehr als kleine Charakterschwächen sind und das Zusammenleben unserer Familie immer mehr beschädigt.

Wie du bereits sagst, kann ich den Dynamiken noch nicht ganz nachgeben weil ich, obwohl ich mittlerweile nahezu völlig emotional unabhängig von meinem Vater bin, mich trotzdem stark meinem Bruder und meiner Mutter hingezogen fühle. Ich will nicht, dass sie unter meinen Taten und Entscheidungen leiden, geschweigedenn fungiere ich in Friedenszeiten auch irgendwie ein wenig als Ventil. Für meine Mutter und meinen Bruder als Zuhörer bei Problemen mit meinem Dad und für mein Dad in Friedenszeiten als Gesprächpartner und Zuhörer für seine Probleme, Ängste, endlose Geschichten etc. - dadurch kann ich seine Stimmungsschwankungen ein wenig kontrollieren, ihn ablenken und die Wahrscheinlichkeit reduzieren, dass er meiner Mutter das Leben im Alltag noch schwerer macht.

Es ist wohl irgendwie Heuchlerisch von mir - auf der einen Seite meinen eigenen Selbstschutz suchen zu wollen und sich über seine emotionale Eskapaden zu beschweren und auf der anderen Seite keinen Schlussstrich für mich zu ziehen - allerdings tue ich mir auch allgemein etwas schwer mit dermaßen weitgreifenden, unumstößlichen Entscheidungen wie einem Kontaktabbruch.

Das größte Problem ist, dass ich mich (wie wohl die meisten Menschen) einfach nur nach Frieden sehne und kein Bock auf Stress habe. Ihm Grenzen aufzuzeigen und langfristig sauer und verletzt zu sein kostet Energie und ist anstrengend, während verzeihen aufgrund des Wunschs nach einem friedlichen Zusammenleben innerhalb der Familie viel leichter ist. Darum geben wir alle auch immer wieder nach nach einem Streit - wir wünschen uns alle den Frieden und einen ruhigen Alltag.

Doch natürlich steht die Frage im Raum: Wie viel emotionalen Balast und Verletzungen kann ein Mensch ertragen bis es einen zerstört? Wann ist das Fass übergelaufen? Wann sind die ständigen Vorwürfe, Manipulationen und Diskussionen an einem Punkt, an dem man für immer Schluss macht, obwohl man weiss, dass es auch wieder Friedenszeiten geben wird?

Das ist das Schwierigste an allem.

Zum Wohle meiner Familie werde ich höchstwahrscheinlich Option 1 nutzen - "Gute Mine zum Bösen Spiel".
Da ich zum 01.01.2024 ohnehin in meine neue Wohnung ziehen werde, kann ich mich dort leicht und problemlos distanzieren und selbst schützen, ohne dass er auch nur mitbekommt, dass ich den Kontakt aufgrund von ihm und nicht aufgrund der Wohndistanz reduziere. Klar wird er rumjaulen, dass ich mich zu selten und nur bei meiner Mutter melde etc. wie er es bereits bei meinem Bruder tut, allerdings muss ich mir dann nur alle paar Wochen wenn ich zu Besuch bin etwas anhören und kann danach wieder gehen.

Den Schutz meiner Mutter kann ich jedoch wohl nicht langfristig aufrecht erhalten - vielleicht ist es nicht meine Aufgabe und die Worte der anderen im Sinne von "meine Mutter hat versagt uns zu beschützen etc." klingt auch schon immer sehr sehr hart - wenn sie meine Mutter kennen würden, wüssten sie wie viel selbstlose Wärme in ihr steckt und könnten so etwas nie mit solcher Härte mitteilen. Allerdings ist es mein Wunsch, sie zu unterstützten, damit sie nicht irgendwann aus dauerhafter Selbstlosigkeit und Rücksichtnahme kaputt geht.

Der erste Schritt hierzu wird sein, so schnell wie möglich eine Schlafmöglichkeit in meiner neuen Wohnung einzurichten, sodass sie, wenn es hart auf hart kommt, einen Rückzugsort hat und nicht das Gefühl hat keinen Ausweg zu haben oder sich der Situation entziehen zu können.

Ein weiterer Schritt wird sein, dass ich ihr (nach allen anderen Studienschulden) ab übernächstes Jahr monatlich 300 Euro überweisen werde, sodass sie etwas Geld für sich hat, um etwas für ihre Selbstfürsorge zu tun.

Doch der einzig wahre Schritt wäre, wie ihr schon mehrmals gesagt habt, dass sie sich trennt - ich habe ihr auch hierzu bereits mehrmals mitgeteilt, dass ich auch dort jederzeit hinter ihr stehen würde, selbst wenn sie sich wohl nie für diese Option entscheiden wird.

Warum ist das so? Die Gründe dafür sind meiner Meinung nach wohl nicht nur allein charakterlicher Natur, sondern nicht zuletzt auch aufgrund der finanziellen Absicherung. Mein Vater bekommt eine sehr gute Rente und es ist in unserer Gegend super schwer eine Wohnung zu finden.
Wenn sie alleine wäre, müsste sie sehr lange schauen, wie sie den Spagat zwischen ihrer Arbeit und der Wohnungssuche bewerkstelligt, während sie darum bangen muss, dass sie mit ihren 800-1000 Euro Rente wohl nicht langfristig über die Runden kommen würde.

Kurz um: Wenn man mal vollkommen ehrlich ist, dann hofft wohl irgend ein kleiner Teil von ihr, den sie niemals zugeben wollen würde, dass ihr Mann aufgrund der vielen Krankheiten wohl nicht mehr allzu lange hat und sie deshalb noch die wenigen Jahre mit ihm erträgt.