Sterbender Opa, Kontaktabbruch Schwiegersohn

Hallo Zusammen,
und zwar ging es meinem Opa nicht gut hatte Krebs und Herzprobleme, war Bettlägerig (war vom Kopf aber noch fit), konnte aber jeden Moment sterben zum damaligen Zeitpunkt, mein Vater also der Schwiegersohn von meinem Opa (die verstanden sich immer gut) hat seinen Schwiegervater/mein Opa nicht mehr besucht seit ein halbes Jahr bestimmt (wohnen nicht weit weg) weil sein Schwiegersohn/mein Vater den Zustand nicht mehr sehen konnte von meinem Opa und Ihn noch wie früher in seinen Gedanken haben möchte und nicht in den Zustand wie er jetzt ist, deswegen hat er Ihn nicht mehr besucht (auch nicht angerufen und gefragt wie es ihm geht) was haltet ihr von diesem Verhalten? Das macht mich echt mega Traurig. Mein Opa ist dann auch verstorben vor kurzem und jetzt hat mein Vater den Kontakt zu meiner Oma (die Frau von meinem verstorbenen Opa) komplett abgebrochen (meine Oma ist eine Schwierige Person) ich finde den Kontaktabbruch aber völlig absurd, hauptsächlich wurde der Kontakt abgebrochen weil mein Vater keine Lust mehr auf Sie hatte (redet manchmal wirres Zeug) jetzt steht der Geburtstag von meinem 2 Jährigen Kind an und ich wollte das nur an einem Tag halten, sodass alle Omas Opas etc kommen aber mein Vater möchte nicht kommen wenn diese Oma kommt… mich macht es aber traurig vorallem was mein Opa wohl dazu sagen würde wenn er noch hier wäre…

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Ja, ich habe das auch schon erlebt. Bei Männern vor allem, die ihre schwerkranken Kinder nicht besucht haben, weil sie deren Anblick nicht ertragen konnten. Oder die sich eben von den alten Eltern distanziert haben, weil der Umgang so kompliziert war.
So verständlich dieses Verhalten vielleicht von ihrer Seite aus ist, so mies ist es für die Betroffenen.
Ich glaube nicht, dass solche Menschen ihr Verhalten ändern. Mal sehen, wer sich um sie kümmert, wenn sie mal selber alt oder krank sind.
Ich hoffe, du stehst zu deinen Großeltern. Lade sie zum Geburtstag ein. Wenn dein Vater nicht kommen möchte, ist das sein Problem.

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Ich denke, das ist einer der Momente im Leben, wo man wirklich keinen Maßstab anlegen sollte.

Es war "nur" der Schwiegervater deines Vaters, und sie ist "nur" die Schwiegermutter. Das Verhältnis muß nie so gewesen, wie du es wahrgenommen hast. Vieles bleibt den Enkeln/Kindern eben auch verborgen.
Und ja, natürlich gibt es auch Menschen, die emotional überhaupt nicht mit dem körperlichen Zerfall zurechtkommen, sie sind davon schlichtweg komplett überfordert.
Beide Punkte solltest du wirklich bedenken.

Jetzt ist dein Opa erst vor Kurzem verstorben, der Kontaktabbruch frisch. Dein Kind wird sich eh nicht an diesen Geburtstag erinnern. Von daher würde ich es für dieses einfach Jahr akzeptieren und vor allem den toten Opa nicht emotional mit reinziehen. Wer weiß, vielleicht hätte er sogar vollstes Verständnis für den Kontaktabbruch.

Lade deinen Vater einfach an einem anderen Tag ein, zumindest dieses Jahr. Was die nächsten Jahre bringt, das wird sich zeigen und ist jetzt noch nicht wichtig.

Und solange du innerlich so wertest, solange hast du auch keine Chance ein offenes und ehrliches Gespräch mit dienem Vater zu führen. Vielleicht gaht das irgendwann mal, aber aktuell kannst du einfach nur die Situation akzeptieren, auch wenn du sie nicht verstehen kannst.

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Was ist jetzt konkret deine Frage?

Es ist die Entscheidung deines Vaters, ob er Kontakt möchte oder nicht und du kannst nichts erzwingen.

Du kannst die Feier trotzdem an einem Tag abhalten und wer kommt, ist da.

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Die Beziehung deines Vaters zu seinen Schwiegereltern ist nicht deine Suppe.

Lad alle ein. So ein Fest ist gross genug dass man mit 2 Sätzen Smalltalk auf der anderen Tischseite sitzend durch kommt. Wer nicht kommen möchte - warum auch immer - bleibt fern und verpasst die Party.
Nachgefeiert wird nicht.
So setzt du ein Zeichen. Aber was dein Vater mit seinen sozialen Beziehungen macht ist grundsätzlich sein Bier...

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Also für mich sind das Zwei völlig verschiedene Themen. Dass dein Vater deinen Opa nicht mehr in diesem schwer kranken Zustand sehen wollte ist in meinen Augen völlig in Ordnung! Es gibt Menschen denen macht das nichts aus. Die sind froh einen geliebten Menschen nochmals sehen zu können und deren Leben läuft einfach weiter. Aber es gibt eben auch Menschen, die das nicht können. Mein Mann zb ist ebenfalls so. Er hat seinen sterbenden Opa nochmals besucht und er sagte das war der schlimmste Anblick den er jemals ertragen musste. An liebsten wäre er einfach sofort wieder gegangen, was er aus Höflichkeit nicht getan hat. Die Bilder hat er allerdings heute noch im Kopf und er sagte selbst er würde nie wieder jemanden am Sterbebett besuchen.

Der Kontaktabbruch zu deiner Oma steht für mich auf einem anderen Blatt Papier. Klar könnte er seine guten Gründe haben (wurde er jemals wirklich in der Familie aufgenommen oder hat die Oma ihm vielleicht immer wieder vorgehalten dass er nicht gut genug ist für ihre Tochter?), dann würde ich seine Entscheidung wohl einfach akzeptieren und ihm die Möglichkeit geben an einem anderen Tag zu kommen. Wenn es allerdings wirklich nur ist weil sie alt ist und einfach "nervt", dann hätte er wohl Pech gehabt wenn er mein Vater wäre 🤷 entweder er kommt wenn es ihm wichtig genug ist oder eben nicht. Er kann ja ruhig den Kontakt abbrechen aber dich und deine Familie da mit rein zu ziehen finde ich unmöglich!

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Oft ist es einfach eine Unwissenheit, eine Hilflosigkeit, man weiß nicht, wie man mit der Situation umgehen soll, man kann sie nicht ertragen, man empfindet Scham und Wut bei dem Erleben der Hilflosigkeit.

Oft helfen ganz einfache Tipps.

Eine meiner Omas starb, als ich Anfang 20 war. Sie war lange im KH und ihr Tod war auch nicht abzusehen. Ich sagte damals meiner Mutter, dass ich ungern ins KH ginge, weil ich nicht wüsste, was ich da machen sollte. Sie meine, es würde reichen, wenn ich einfach die Hand meiner Oma halten würde, ich müsste gar nichts sagen. Das half enorm - auch für spätere Herausforderungen dieser Art - weil ich eben nicht einfach stumm 2 m vor dem Bett stand oder krampfhaft nach Gesprächsthemen suchte oder die ganze Zeit das Gefühl hatte, ich müsste irgendetwas tun, damit es ihr sichtbar besser ginge (auch bzgl. Stimmung), weil sonst der Besuch sinnlos gewesen wäre.

Suche mal bei Youtube nach Videos zum Thema Umgang mit Demenz. (Nein, das ist bei euch nicht der Fall). Eine Youtuberin heißt "Dementia Success Path". Die macht immer Sketche bzw. spielt Situationen vor, oft in Short Videos, die typisch für Demenzkranke sind, zeigt dann die erste, intuitive Reaktion und danach Möglichkeiten, souveräner damit umzugehen. Sehr oft wird in diesen Möglichkeiten gelogen, also, der Betroffene wird einfach angelogen, damit es ihm besser geht, weil beide nur frustrierter würden, wenn man versuchen würde, ihm die Realität näherzubringen.

Sicherlich kann man das nicht eins zu eins auf deine Oma übertragen, aber wenn dein Vater mal ein paar dieser Videos sieht, bekommt er vielleicht eine Vorstellung davon, wie er mit solchen Situationen umgehen könnte, die ihn überfordern. Wenn deine Oma wirklich "wirres Zeug" redet und das selbst nicht merkt (!), kann es sinnvoll sein, einfach so lange darauf einzugehen, bis sie wieder im Hier und Jetzt ist.
Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass man sich komplett entspannen kann, man hat nicht die Verantwortung, den andern von "der Realität" zu überzeugen oder ihm zu vermitteln, dass er "wirres Zeug" redet.
Aber, Achtung! Manchmal redet er gar kein wirres Zeug, sondern man versteht ihn nur falsch und fragt nicht nach, weil man ihn quasi schon als gleichberechtigten Gesprächspartner abgeschrieben hat! Es lohnt sich schon, erst mal kleine Nachfragen zu stellen: Was bedeutet das (Wort)? Was genau meist du? Wo möchtest du hingehen?
Oft kommt es auch zu Missverständnissen. Erst, wenn man sicher ist, dass derjenige wirklich gerade "nicht da ist", kann man auf diese Art auf ihn eingehen.

Als meine Oma in dem KH lag, gut eine Woche vor ihrem Tod, mit gebrochenem Oberschenkelhalsknochen, kam der Pastor. Sie (geistig völlig klar, mit Hemiparese, daher oft undeutlich sprechend) fragt, ob sie denn wieder laufen könnten würde. Er fragte dann sehr betont, wohin sie denn laufen wolle. Sie meinte daraufhin, wie früher. Also, ob sie so wie früher wieder alleine laufen können würde.
Aus irgendeinem Grund verstand er "wie früher" als "auf die andere Seite" und fragte dann wieder sehr betont und kindlich, "wie sieht es denn auf der anderen Seite aus?"
Also, sie war fokussiert auf ihre Heilungschancen, völlig in der Gegenwart, sachlich und er sprach mit ihr, als hätte sie sich schon mit dem Tod abgefunden und würde jetzt ans Jenseits denken.

So etwas sollte man dringend vermeiden, dann lieber erst mal eine Denkpause einlegen, über das Gehörte nachdenken und ggf. noch mal nachfragen.

Ich würde deinem Vater keine Vorwürfe machen, der ist vermutlich einfach überfordert und kann sich der Situation gerade nicht stellen. Dafür braucht er Hilfe. Ich denke mal, zu recherchieren, wie man mit Trauernden reden kann, wie man mit Menschen reden kann, die man gerade nicht versteht, was man tun kann, wenn einem nichts zu sagen einfällt, könnte ihm helfen.

Man muss auch mal ganz klar sagen: Das Schlimmste für jemanden, sowohl in einer Situation der Bettlägerigkeit als auch in der Trauer nach dem Verlust des Partners ist die Einsamkeit. Wenn einfach keiner mehr kommt oder wenn bestimmte Bezugspersonen sich zurückziehen und man das Gefühl hat, man war nur interessant, solange man guter Laune und fit war.
Vielleicht muss er nicht zu Besuch kommen vielleicht reicht ein Anruf hin und wieder, möglicherweise auch, wenn andere dort zu Besuch sind, so dass sie per Freisprechfunktion auch ins Gespräch einsteigen können und er damit nicht alleine ist.

Bearbeitet von Toschkalee